Corona hat uns mehr als zwei Jahre im Griff gehabt. Es ist nicht vorbei, aber schleichend wurden alle Maßnahmen gekippt. Der eine oder andere von uns könnte sich nur auf einmal allein gelassen fühlen. Eben noch der fürsorgliche Staat, der in unser Leben eingreift, jetzt scheint alles egal. Das ist kein Vorwurf, keine Abrechnung mit den Zuständen. Es ist mehr ein Innehalten, ein sich Umschauen. Uns fehlt es oft an Zeit, genau dies zutun, einmal innehalten, um zu sehen, wo wir stehen. Jeder Einzelne von uns. Wie kann es sein, dass die angekündigte neue Pest sich erst in unser Leben gedrängt hat mit all seinen Konsequenzen. Und jetzt ist sie noch da, weiter da, aber sie wird verdrängt oder nicht mehr beachtet. Es wird von Wellen gesprochen. Die Sommerwelle, die im schönen Wetter irgendwo aufbrandet, aber uns nicht zu treffen scheint. Was wird dann im Herbst? Was rollt da auf uns zu? Mit Corona verhält es sich ähnlich wie mit dem Tod an sich. Er wird gerne verdrängt und auch wenn der Mensch ihn irgendwann erwartet, vorbereitet ist der wenigste. Kann der Mensch sich überhaupt auf ihn vorbereiten? Können wir gewappnet sein? Ich kann mich nur an ein Gespräch mit meinem rührigen Religionslehrer erinnern und seinen Rat:
„Lebe jeden Tag wie deinen letzten!“
Lebe jeden Tag wie deinen letzten. Er meinte damit nicht, dass wir eine ausgelassene Party feiern sollten, ohne an Morgen zu denken. Er meinte, dass wir uns unseren Mitmenschen gegenüber so verhalten sollten, als hätten wir vielleicht morgen nicht noch einmal die Gelegenheit sich von ihnen zu verabschieden, sich mit ihnen zu versöhnen, Unausgesprochenes auszusprechen. Das ist ein schöner Gedanke, den ich bis heute zu beherzigen trachte. Dazu muss der Mensch von Zeit zu Zeit innehalten und sich gegen den Strom des Lebens stellen. In diesem Moment können wir schauen und in uns hineinhören, wie es uns und unseren Liebsten und Nächsten geht. Dann fühlen wir uns nicht so alleine und gewinnen an Stärke, die Klippen des Lebens zu umschiffen. Der Mensch kann nicht alles verstehen, aber die Grundeinstellung, das eigene Befinden können wir justieren lernen. Arbeiten wir daran.